Löwenzahn

In ihrem neuesten Artikel hat Esther Göbel die Frage aufgeworfen, wo die Emanzipation der Männer denn nur bleibe. Völlig gerecht­fertigt, wie ich finde. Es ist für mich schon ein kleines Wunder, dass aus­gerechnet jetzt die Frage nach einem positiven Männlichkeits-Modell (wieder) auf­kommt. In dieser Krisen­zeit, in der für viele die Rollen­balance zwischen Partner­schaft, Beruf und Familie zum Drahtseil­akt wird, ist es aber einfach dringender denn je!

Aus Überzeugung Feminist

Ja, ich schwinge es, das gefährliche F-Wort. Denn ich bin tat­sächlich im Herzen Feminist. Ich halte es für eine unsägliche Katastrophe, dass Menschen auf­grund ihres (zugeschriebenen, konstruierten…?) Geschlechts über weniger Chancen, Anerkennung und schlicht Teil­habe verfügen. In. Unserer. Gesellschaft. Ich spreche hier nicht nur von der jahrhunderte­alten strukturellen Benachteiligung durch Institutionen, die per se männlich dominiert waren und sind.

Ich rede auch von Alltags­sexismus. Von dem verdammten Problem, dass Frauen Kinder bekommen, die Männer (im besten Fall mit ihnen) gemacht haben. Dass eine mir bekannte Führungs­kraft davon sprach, dass eine junge Kollegin erst einmal lernen müsse, dass ihr eben als Projekt­managerin nicht zugehört würde, sondern „alle nur auf ihre Titten starren“.

Das ist für mich nicht mehr zu tolerieren. Und als Mann, als Vater und Mensch fühle ich mich dazu verpflichtet, dem etwas entgegen­zustellen.

Aller­dings machen ja nicht nur wir Frauen den gesellschaftlichen Wandel der Rollen­bilder durch. Sondern die Männer eben­falls. Früher regierte das gesellschaftlich akzeptierte Bild des durch die Gegend dirigierenden Familien-Patriarchen, der das Geld ran­schaffte, seine Kinder nur im schlafenden Zustand kannte, darüber verfügte, wann seine Frau mit ihm Sex haben sollte, nie über seine Gefühle sprach und nicht zuhören konnte. Heute ist dieses Bild (Gott sei Dank!) nicht mehr zeit­gemäß – aber welches dann?
Esther Göbel

Die große Leerstelle

Schockierend ist doch, dass es neben dem tief sitzenden Rassismus und Sexismus in unserer Gesellschaft auch eine Menge psychischer Ungleich­gewichte auszugleichen gibt: Männer sitzen über­wiegend an Schalt­stellen von Ein­fluss und Entscheidungs­gewalt. Männer sind aber auch tendenziell emotional auf­grund ihrer Erziehung insofern auf verlorenem Posten, als sie sich nur selten auf positive (d. h. konstruktive) Rollen­vorbilder stützen können.

„Ich will es anders/besser machen, als mein Alter!“ ist für uns oft die einzige Motivation, mit der wir Männer ins Erwachsenen­leben starten. Was aber sind die positiven Leit­bilder, die uns auf diesem Lebens­weg begleiten werden, die Männer­bilder, die uns ein positives und anti-machistisches Motiv davon geben, wie wir das denn konkret angehen wollen? Woher sollen sie kommen? Woher kommt die emotionale Kompetenz, ‚typisch männliche Probleme‘ wie Aggressionen, Einsamkeit, Sucht­verhalten (hier schließe ich mal Alkohol und Nikotin mit ein) oder Belastungs­depressionen proaktiv anzugehen? Schwäche einzugestehen, Hilfe zu suchen und die eigene Hilf­losigkeit anzuerkennen?

Du kannst es ändern!

Wenn wir aber – und das ist die positive Seite – als Männer einer neuen Generation unsere Geschlechter­rolle an der Seite von Partner:innen neu und konstruktiv definieren wollen, ist das kein hoffnungs­loser Kampf! Diese Emanzipation sollte nach meinem Dafür­halten eine konstruktive, freie und integrative sein: wir gehen selbst­bestimmt und eigen­verantwortlich in den Dialog.

Ich halte es mit den vier Grund­annahmen der Transaktions­analyse:

  • Die Menschen sind in Ordnung (okay)
  • Jede:r Mensch hat die Fähigkeit zu denken
  • Die Kommunikation ist offen und frei
  • Menschen dürfen sich umentscheiden

Mein Manifest für die Emanzipation der Männer

Liebe Männer, liebe Freunde.

Wir sind okay, alle anderen Formen von geschlechtlicher Identität sind okay. Ihr dürft und könnt euch neu entscheiden, wie ihr euer Mann-Sein leben wollt. Woher eure Inspiration dazu kommt. Wie wir unsere Gefühle zu uns nehmen und aus­leben. Das ist gelebte Emanzipation – von abwesenden Vätern. Von unseren eigenen Dämonen. Von der Über­forderung durch ein veraltetes Rollen­bild.

Lasst uns darüber reden. Lasst uns offen und frei denken und neues Mann-Sein für uns, unsere Partner:innen, Mit­menschen und unsere Kinder entwickeln.

Uns stehen alle Türen offen. Lasst uns gemeinsam hindurch­gehen. Jeder Schritt macht uns freier.

Als Söhne, Partner, Kollegen, Väter, Freunde.

Ich bin für dich da.

One more thing…

Als Unter­stützung für Männer, die in dieser Krisen­zeit Väter werden, biete ich vergünstigte Einzelcoaching-Sitzungen an. Nimm bitte Kontakt auf – wir finden eine Lösung!