Im Interview für den Hausmannskost-Podcast hat Rechtsanwalt Jan Limmer, selbst Vater von zwei Kindern, erst davon berichtet, wie sich sein eigener Umgang mit der Pferdeliebe seines Sohnes gewandelt hat. Von Scham zu Begeisterung, von „da hinten sind doch die coolen Bagger“ zu „was für ein wunderbarer Junge“. Was aber ist so cool daran, wenn Jungs Pferde (oder Katzen, Einhörner, Dinos und/oder Faultiere) lieben?
Was wird es denn?
Puppen sind doch Mädchenkram. Naja, fast alle Puppen – Action-Figuren sind nämlich Jungs-Sachen. Dieses Paradoxon ist für mich ein schönes Beispiel von der Rosa-Blau-Falle, in die viele Eltern noch immer geraten. Und alles beginnt mit der scheinbar unverfänglichen Frage: „Was wird es denn?“ Sobald wir nämlich das mutmaßliche Geschlecht des noch ungeborenen Kindes preisgeben (wenn es nicht sowieso schon an der Bauchform, Hautgesundheit oder den Haaren der Mutter erkannt wurde), ist den Rollenklischees auch schon Tür und Tor geöffnet. Und diese Erzählungen finden in den Regalen der Bekleidungsgeschäfte ihre textile, in der Spielzeugabteilung ihre Plastik-gewordene Fortsetzung. Alles kulminiert dann im Puppenparadoxon und der seltsamen Idee, dass Mädchen Pferde toll finden und Jungs eben nicht. Die Pferdeliebe meines Sohnes hat mich da allerdings eines Besseren belehrt.
Lektionen in Fürsorge
Eines der ersten komplizierten Wörter, die mein Sohn kannte, war „Hufkratzer“. Dass man damit prima Dreck von den Fußsohlen der Eltern entfernen kann, war ihm total klar. Und für mich: Pflege gehört zu Tieren selbstverständlich dazu und damit auch eine wichtige Lektion über Fürsorge. Striegeln, Bürsten, Streicheln: am Beispiel Pferd lernen Kinder, dass andere Lebewesen Bedürfnisse haben und selbst so große Tiere wie Pferde Zuwendung brauchen – und auch geben können. Der Umgang mit Angst, wenn so ein großes Tier auf einen zukommt, ist ein tolles Lernfeld – genauso wie das Erfolgserlebnis, wenn ein kleiner Mensch auf dem Rücken eines Pferdes sitzt.
Lebendiges feiern
Ein wichtiger Grund, warum ich es großartig finde, wenn Jungs Freude an Tieren haben und ausleben: wir brauchen mehr Menschen, die Lebendiges feiern und wertschätzen. Es gibt eine geradezu unheilige Allianz zwischen traditioneller Männlichkeit und leblosen Dingen. Auf den Punkt gebracht: toxische, traditionelle Männlichkeit ist genauso leblos wie „mein Haus, mein Auto, mein Boot“. Die Verdinglichung von Menschen nimmt oft eben schon im Kinderzimmer ihren Anfang. Ein wunderbares Heilmittel – und nicht im therapeutischen Kontext – sind eben andere Lebewesen. Mit ihnen kann ein kleiner Mensch bereits echte Beziehungen aufbauen, Zuwendung erleben und sich spüren. Natürlich wird in der kindlichen Fantasie auch das Lieblings-Spielzeugauto lebendig, aber die Zuwendung wird dann in der Realität doch relativ einseitig bleiben und damit in der Einsamkeitsfalle enden. Und trotzdem spielt mein Sohn natürlich auch mit Autos, liebt Traktoren und Baumaschinen.
Gemeinsam gegen das „entweder-oder“
„Entweder oder“ ist eben die Falle, die wir ausschalten müssen auf dem Weg zu neuen, lebendigen Männlichkeiten. So, wie Jan im Interview meinte: lassen wir uns von unseren Kindern und ihrer Liebe für Tiere verzaubern und unser eigenes, inneres Kind davon anstecken.
Du willst mit mir auf eine Entdeckungsreise zu dem kleinen Jungen gehen, der in dir lebt oder an deinem „entweder-oder“ rütteln und deinen Weg zu einem „sowohl-als-auch“ finden? Prima.
Fangen wir an