Zwei Begriffe sind mir vor allem hängen geblieben aus meiner Vorlesung „Einführung in die Politikwissenschaft“. Da wäre der Begriff „telos“. Das ist altgriechisch und geht auf Aristoteles zurück, der damit den Daseinszweck einer Person oder Sache meinte. Das Ziel, auf das jemand hin strebt. Dann ist da noch „Eudaimonie“, das „gute Leben“, das sich vor allem durch Tugendhaftigkeit und letztlich ein aus sich selbst heraus definiertes Glück auszeichnet.
Beide Begriffe sind erstmal etwas sperrig. Also kratzen wir doch mal am antiken Lack und schauen, was darunter liegt.
Kindliche Begeisterung
„A-ris-to-te-les!“ wisperte mein Professor immer mit seinem unvergleichlichen Schelm in den Augen, wenn er auf sein großes Idol zu sprechen kommen durfte. Der Gute war Aristoteliker durch und durch und dazu noch Liebhaber von Beat-Musik. Für mich also so etwas wie ein Halbgott.
Aber etwas war noch bemerkenswert an ihm: seine Begeisterung empfand ich deswegen als so ansteckend, weil er mit der Kraft des freien Kinds über den antiken Denker und sein Ideal von einem Streben nach Glück durch Tugend sprach. Seine gesamte Lebensenergie schien in dieser Vorlesung, die er sicher zum fantastillionsten Mal hielt, mit jedem Wort und jeder Zeile auf der Overhead-Folie (ja, so old school war der Gute) im Raum zu explodieren.
In der Transaktionsanalyse würden wir hier vom freien Kind und Physis, der Lebens- und Schaffenskraft, reden. Und die ist es, was uns nach innen und außen lebendig werden lässt – in allen Facetten des Begriffs. Willst du also einen ersten Schritt auf dein Glück zu machen, suche nach Physis, nach den Momenten der Resonanz, des Flow oder schlicht: der puren Begeisterung.
Tugendhaftigkeit
Klingt ja reichlich sperrig, dieses Wort. Aber dahinter steckt etwas, das dir nicht fremd sein dürfte: deine Werte, die deine Handlungen leiten. Die Grundpfeiler deines Lebens, die zu Tage treten, wenn du ernsthaft nach dem Warum hinter deinen (guten) Entscheidungen suchst. Und wenn du diese Werte zu deiner Ethik machst, also deinem Kompass, kannst du deine Entscheidungen auch aktiv und bewusst danach ausrichten und findest schneller auch in Unsicherheit einen Weg, der dir gemäß ist.
Für mich ist zum Beispiel Gleichberechtigung ein sehr hohes Gut, genauso sind Verantwortung und Autonomie Werte, an denen ich mein Leben ausrichte. Deswegen kann ich in einer Entscheidungssituation zum Beispiel fragen: wie wirkt sich diese Entscheidung auf meine gelebte Gleichberechtigung aus? Welche Verantwortung übernehme ich dadurch und wie stärkt sie meine Autonomie.
Im Übrigen ist Autarkie, die selbstbestimmte und genügsame Lebensweise, eines mit der Eudaimonie verbundenes Prinzip. Das bedeutet, dass die antiken Denker:innen der Auffassung waren, dass dein Glück nicht von außen kommt, sondern aus dir selbst heraus. „Things you own end up owning you“, heißt es in „Fight Club“ so schön. Andersherum, ich zitiere einen meiner Herzensmenschen:
Die Spur des Glücks
Letztlich ist „das gute Leben“ etwas, das dir viele da draußen versprechen werden. Nur noch dieses eine Seminar, dieses eine Retreat, die paar Burpees oder dieser Shake, dann hast du es. Greifst du danach, ist es schon wieder im nächsten Yoga-Training.
Nee. Das läuft so nicht. Das gute Leben ist in dir, eine Art Pfad, der manchmal im Dickicht ausfindig gemacht werden will. Darin sehe ich meine Aufgabe: ein Lotse auf deinem Weg, jemand, der auch mal wohlwollend das Steuer übernimmt – das Ziel aber bestimmst du. Du kennst dich mit deinem Schiff am allerbesten aus, ich kann dir aber durch Fragen und Umsicht helfen, den Kahn auf Kurs zu bringen.
Genug der maritimen Floskeln. Dein Glück ist zum Greifen nah. Lass' es uns anpacken.
Cheers
Sven